
Wie lernen wir Menschen?
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Richtig lernen
Menschen sind die Lebewesen, die am meisten lernen. Wir können gar nicht anders, wir lernen immer. Ein Grossteil des Lernens geschieht unbewusst. So können wir weitaus mehr, als wir wissen.
Beispiel: Wir wenden viele grammatikalische Regeln an, die wir nicht formulieren können oder wir gehen, ohne dass wir den Vorgang im Einzelnen beschreiben könnten. Das Gehirn findet dabei aus vielen Beispielen automatisch die Regel heraus, die es dann anwendet.
Es gibt unterschiedliche Theorien dazu, wie und warum und wie Menschen lernen.
Die Neurowissenschaft hat im letzten Jahrzehnt viele Lerntheorien physiologisch belegt. Lernen besteht neurobiologisch betrachtet in der Veränderung der Stärke der synaptischen Verbindungen zwischen Nervenzellen.
Lernen verändert uns. Lernen verändert unsere Gehirnstruktur und somit unsere Identität. Dies ist ein Grund, warum Kinder und junge Menschen oft schneller und unbefangener lernen. Sie haben keine festgelegte Identität, die durch das Neue bedroht sein könnte.
Biologische Voreinstellungen bedingen, dass in bestimmten Lebensphasen (sensiblen Phasen) bestimmte Inhalte besonders gut erlernt werden können, da in dieser Phase ein besonders starkes Synapsenwachstum (Blooming) stattfindet. So kann beispielsweise die Muttersprache in den ersten Lebensjahren besonders gut erlernt werden. Versäumnisse in dieser Phase können später nicht mehr ganz ausgeglichen werden.
Wer im Lernprozess bestimmte Lernmethoden einsetzt, um den Stoff richtig und schnell zu lernen, ist erfolgreicher. Neben den verschiedenen Lernmethoden ist es aber auch wichtig, darauf zu achten, wie der Stoff aufgenommen wird. Aus der Hirnforschung lassen sich verschiedene Grundsätze und Anhaltspunkte zum richtigen Lernen ableiten.
Viele Kanäle nutzen
Je nachdem, über welchen Kanal die Information aufgenommen und gelernt wird,ist die Behaltensfähigkeit. Am meisten lernen wir, wenn wir etwas hören und sehen oder selbst ausführen. Grundsätzlich lernt man richtig, wenn man möglichst viele „Kanäle“ nutzt. Behaltensfähigkeit nach Art der Aufnahme der Information:
Hören 20%
Beobachten 30%
Hören und Sehen 70%
Selbst ausführen 90%
Es ist sehr nützlich, wenn man sich eine Lernstrategie und einen Zeitplan für das Lernen zurechtlegt. Dabei sollte man unbedingt darauf achten, nicht zu lange am Stück zu lernen. Wer richtig und effektiv lernen möchte, sollte lieber kurze Lerneinheiten einplanen und viele kleine Pausen machen. Das Gehirn ist während der Pausen weiter aktiv und verarbeitet die Information.
Die Methode wird schon sehr lange angewendet, und das aus gutem Grund. Durch Wiederholungen können die Lerninhalte vom Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis überführt werden und hier dauerhaft abgespeichert werden. Wer richtig lernen möchte, kommt um Wiederholungen nicht herum.
Damit das Gehirn den Lernstoff besser aufnehmen kann, ist eine Kategorisierung von Inhalten nach Oberbegriffen hilfreich. Es ist auch hilfreich, neue Begriffe durch inhaltliche, sprachliche oder bildliche Assoziationen zu verknüpfen und emotional zu besetzen. Auch Visualisierungen oder das eigenständige Entwickeln von Fragen zum Lernstoff fördern die Verarbeitungstiefe.
Wer kennt das nicht: Zuhause wird der Stoff sicher beherrscht und in der Prüfungssituation ist dann vieles nicht mehr abrufbar. Natürlich können Ängste und Druck das Gehirn blockieren, aber auch die veränderte Umgebung kann bewirken, dass der Lernstoff nicht mehr richtig abgerufen werden kann.
Am besten kann der Lernstoff in einer Umgebung abgerufen werden, die derjenigen ähnelt, in der er aufgenommen und gelernt wurde. Der Grund: Inhalte können leichter abgerufen werden, wenn Lernen und Abruf in ähnlicher Umgebung stattfinden, da der Kontext beim Erinnern hilfreich ist. Wer richtig lernen möchte, sollte sich also auch überlegen, wie und wann er den Stoff abrufen muss und eine ähnliche Umgebung herstellen. Hier kann es nützlich sein, die Prüfungssituation zu simulieren, vielleicht sogar am echten Prüfungsort.
Wiederholen mit Lernkartei
Eine Strategie, die von Schülern häufig angewendet wird, ist einfaches Wiederholen. Vokabeln werden z.B. so oft wiederholt, bis man sie sich eingeprägt hat. Diese Methode ist wenig erfolgreich.
Viel sinnvoller ist das Arbeiten mit der Lernmethode der Lernkartei oder einer Lernstoffkartei, da hier das Wissen systematischer erlernt wird und bereits Gelerntes nicht unnötig wiederholt wird.
Aber auch die Lernkartei sollte mit anderen Methoden kombiniert werden, um den Lerneffekt zu maximieren.
Die Lernmethode Lernkartei
Wenn man die Methode der Lernkartei anwenden möchte, muss man sich zunächst eine Lernkartei erstellen:
- Bei einer Lernkartei beschriftet man Karteikarten. Vorne auf die Karteikarte kommt ein Überbegriff für das Thema, hinten auf der Karteikarte werden alle Informationen notiert, die gelernt werden müssen.
- Es wird ein Kasten für die Karteikarten mit fünf Fächern erstellet. Zu Beginn befinden sich alle Karteikarten im ersten Fach.
- Beim Lernen entnimmt man nun eine Karteikarte aus dem ersten Fach, liest den Überbegriff für das Thema und prüft, ob man die Informationen hinten auf der Karte bereits gelernt hat. Falls ja wandert die Karte in das zweite Fach der Lernkartei, falls nein bleibt sie immer ersten Fach, wandert aber nach hinten.
- Nach einiger Zeit kann man sich die Karten im zweiten Fach ansehen. Weiss man den Stoff, wandert die Karte ins dritte Fach. Weiss man ihn nicht, wandert sie erneut ins erste Fach.
- Wenn alle Karten im fünften Fach sind, war die Methode der Lernkartei erfolgreich und der Stoff wird sicher beherrscht!

Den Stoff aktiv erarbeiten
Je aktiver man am Lernprozess beteiligt ist und den Stoff erarbeitet, umso besser sind die Lernergebnisse. Experimente haben zum Beispiel gezeigt, dass Menschen, die einen Text lesen und dabei aktiv Fragen stellen und beantworten oder auch den Text anschliessend selbst zusammenfassen, deutlich mehr im Gedächtnis behalten, als Menschen, die einen Text einfach nur lesen. Der Grund: Sie erarbeiten den Stoff deutlich aktiver.
Die SQ3R Lernmethode
Diese Lernmethode ist sehr hilfreich, wenn man einen Text aktiv erarbeiten möchte. Die SQ3R Methode ist eine Technik, die von Robinson 1961 entwickelt wurde.
SQ3R steht dabei für: Survey, Question, Read, Recite, Review.
Wer die SQ3R Lernmethode anwendet, erschließt sich einen Text in folgenden Schritten:Inhaltsangabe, Kapitelüberschriften und Einführung lesen und überlegen, welche Kenntnisse schon vorhanden sind.
Vor dem Lesen werden Fragen entwickelt: Man kann dabei z.B. die Kapitelüberschriften zu Fragen umformulieren. Oder man überlegt sich, welche Prüfungsfragen sich aus dem Text ergeben könnten. Pro Abschnitt oder Kapitel sollten 3-5 Fragen gestellt und am besten schriftlich beantwortet werden.
Beim Lesen werden die eingangs formulierten Fragen beachtet und beantwortet. Grafiken, Diagramme und Abbildungen werden genau betrachtet, da sie als zusätzliche Gedächtnisstützen dienen können.
Nach dem Lesen werden die eingangs formulierten Fragen entweder mündlich (im Kopf) oder schriftlich beantwortet, wobei eine schriftliche Beantwortung aufwendiger ist, aber auch einen höheren Lerneffekt hat.
Hier wird evaluiert, ob die Fragen gut beantwortet wurden und ob es noch weitere wichtige Aspekte und Informationen im Text gibt, die durch die Fragen noch nicht erfasst wurden.
Mit Bildern lernen
Man kann Stoff besonders gut behalten, wenn man ihn mit Bildern, Ereignissen oder Emotionen verknüpft. Bildorientierte Lernmethoden nutzen diesen Effekt.
Die Loci-Methode war als Lernmethode bereits im alten Rom bekannt. Bei Anwendung der Loci-Lernmethode wurden zwei bis siebenmal höhere Reproduktionsleistungen beobachtet. Die Loci-Lernmethode funktioniert folgendermassen:
- Man stellt sich einen vertrauten Platz vor, z.B. die eigene Wohnung. Möglich ist auch ein Weg, z.B. von der Wohnung in die Arbeit.
- Man stellt sich jetzt in der Wohnung bestimmte Gegenstände vor bzw. markante Orte auf dem Weg.
- Wenn man nur Begriffe oder auch Abfolgen lernen muss, geht man die Wohnung oder den Weg systematisch ab und verknüpft den Begriff mit einem Gegenstand oder Ort.
- Bei der Wiedergabe geht man dann den Ort/ Weg in einem mentalen Spaziergang ab und ruft die Begriffe ab.
- Man kann dabei immer wieder denselben Ort/ Weg nutzen.
Organisation des Lernstoffs
Die Organisation und Hierarchisierung des Lernstoffs ist von grosser Bedeutung und eine wichtige Lernmethode. Die Reproduktionsleistung erhöht sich um das 2-3-fache, wenn Begriffe oder Fakten organisiert sind und bestimmten Kategorien zugeordnet werden können. Auch das Bilden von Unterkategorien ist hilfreich.
Besteht der Lernstoff aus Texten, sollte man ihn folgendermassen organisieren:
Vor dem Text:
- Übersichten über Kapitel und den Lernstoff
- Lernziele
- Fragen zum Einstieg mit Bezug zum vorangegangenen Kapitel / Themen
Im Text:
- Übersichtliche Gliederung der Abschnitte mit Überschriften
- Grafische Elemente
- Abbildungen
Nach dem Text:
- Kontrollaufgaben mit Lösungen
- Zusammenfassungen